Der Kompressor-Papst | Wirtschaft – Das IHK-Magazin für München und Oberbayern – 01-02/2024

11. Januar 2024
Mit innovativen Hochdruckkompressoren vor allem für Tauchsport, Feuerwehr und Industrie hat sich Stephan Adam einen Namen gemacht. Ein Unternehmerleben voller Neuanfänge. Von Harriet Austen Betrachtet man seine unternehmerische Laufbahn mit all ihren Höhen und Tiefen, ist eines klar: Stephan Adam, Gründer und Geschäftsführer der IDE Compressors e.K., verfügt über enormes Durchhaltevermögen – und Freude am […]

Mit innovativen Hochdruckkompressoren vor allem für Tauchsport, Feuerwehr und Industrie
hat sich Stephan Adam einen Namen gemacht. Ein Unternehmerleben voller Neuanfänge.

Von Harriet Austen

Betrachtet man seine unternehmerische Laufbahn mit all ihren Höhen und Tiefen, ist eines klar: Stephan Adam, Gründer und Geschäftsführer der IDE Compressors e.K., verfügt über enormes Durchhaltevermögen – und Freude am Unternehmersein. »Jetzt habe ich nur noch einen Minibetrieb«, sagt der 73-Jährige wehmütig, aber auch ein wenig erleichtert.
Vor zwei Jahren hatte er zusehen müssen, wie der Käufer seines Unternehmens den Betrieb an die Wand fuhr und Insolvenz anmeldete. Adam kaufte kurz entschlossen das Material zurück, das er brauchen konnte, legte den geplanten Ruhestand adacta und startete in Brannenburg mit einer kleinen Werkstatt neu – wieder einmal. Adam ist Unternehmer durch und durch. Schon als junger Mann war er überzeugt davon, dass er nur etwas erreichen kann, wenn er sich selbstständig macht. ursprünglich sollte er die Pension seiner Eltern in Brannenburg übernehmen und lernte Koch und Hotelfachmann. Doch nach dem plötzlichen Tod der Eltern musste sich der 17-Jährige umorientieren. Er machte seine Leidenschaft zum Beruf: Der begeisterte Wanderer und Bergsteiger entwarf Berg-, Sport- und Trekkingschuhe, baute ein Händlernetz auf. Er ließ in Bosnien und Italien fertigen und verkaufte seine Kollektionen zuletzt auch an große Unternehmen. »Meine Designs kamen gut an, ich war recht erfolgreich«, erinnert sich Adam – bis zwei Großaufträge storniert wurden und ein Großkunde in die Insolvenz ging. Auf einmal fehlte ein sechsstelliger Betrag. Adam musste nach 20 Jahren wieder von vorn anfangen. Eher zufällig entdeckte er ein Tätigkeitsfeld, bei dem er bis heute geblieben ist und das dem technikbegeisterten Mann wirklich Spaß macht: die Fertigung von Hochdruckkompressoren zunächst für den Tauchsport. Adam begann 1989 als Generalimporteur für einen italienischen Hersteller und gewann mit niedrigen Preisen mehr und mehr Marktanteile. »Das war unsere Chance«, berichtet der Geschäftsmann. Er gründete 1994 die IDE GmbH mit Sitz in Raubling. Die Abkürzung IDE steht für International Divecompressors Engineering. Adam merkte schnell, welches Potenzial in dem Produkt steckte. Er trennte sich nach zehnjähriger Zusammenarbeit von dem italienischen Betrieb und begann mit der Entwicklung, dem Bau und der Auftragsfertigung eigener Kompressoren und Anlagen. »Das Know-how beherrschte ich längst, da ich immer wieder gelieferte Geräte umbauen und an die Deutsche Druckbehälterverordnung anpassen musste«, sagt der Firmenchef. Damit begann ein richtiger Aufschwung. Adam stellte sieben Mitarbeiter ein, investierte in moderne Technologien und erweiterte seine Produktpalette um größere Kompressoren. Mittlerweile war die Feuerwehr als Hauptkunde dazugekommen. Als der Betrieb während der Wirtschaftskrise 2008/2009 rückläufige Bestellungen hinnehmen musste, expandierte Adam. Geschickt trieb er die Internationalisierung voran und belieferte bald weltweit Feuerwehrstationen. »Das hat uns gerettet «, meint der Unternehmer rückblickend. Ihm habe seine Fähigkeit geholfen, »blitzschnell auf verschiedene Anforderungen reagieren zu können«. Organisationstalent und Flexibilität waren schon bald wieder gefragt. 2015 musste Adam für seine Firma Insolvenz anmelden. »Ich hatte mich übernommen«, gesteht er. Doch der Unternehmer rappelte sich sofort wieder auf, kaufte Anlagen und begann wieder von vorn. »Ohne den Zusammenhalt in meiner Familie hätte ich das nicht geschafft«, sagt er. Vier Jahre später beschloss Adam, in den Ruhestand zu gehen und den Familienbetrieb – jetzt IDE-Kompressor-Manufaktur GmbH – zu verkaufen. »Weil es so gut lief«, blieb er Geschäftsführer beim neuen Eigentümer in Oberaudorf. »Der Druck war weg und es machte richtig Spaß«, so Adam.

Die Freude währte nicht lang. Wegen finanzieller Probleme der Mutterfirma musste der Besitzer Ende 2020 Insolvenz anmelden, obwohl das Unternehmen gut lief und schwarze Zahlen schrieb. Danach überschlugen sich die Ereignisse. Der Insolvenzverwalter hatte die Assets an einen Privatmann verkauft, mit dem Adam sich gut verstand. Unter dem neuen Firmennamen IDE Compressors GmbH »machten wir nahtlos weiter«. Die Auftragslage war gut, die Hochdruckkompressoren waren im Tauchsport, bei der Feuerwehr, in Industrie und Medizintechnik gefragt; der Exportanteil am Umsatz stieg auf 75 Prozent. »Der Schlüssel zum Erfolg lag darin, dass wir kundenspezifische Anlagen gebaut haben«, erklärt Adam das erfreuliche Wachstum. Doch dann erkrankte sein Kompagnon schwer und musste das Unternehmen verkaufen. Adam konnte mal wieder »nicht anders, als weiterzumachen«. Zumal ihn Ex-Kunden anriefen und um technischen Rat, Ersatzteile, Reparaturen baten und letztlich auch neue Aufträge für ihn hatten. Dafür aber brauchte er einen Zulieferer. Er fand ihn in seinem früheren italienischen Partner. In der Brannenburger Werkstatt wird jetzt eine kleine Kollektion von Kompressoren und Atemluft-Überwachungssystemen »mit der weltbesten Steuerung« zusammengeschraubt, so Adam stolz. Die Zukunft liegt jedoch im neu aufgebauten Onlineshop für Ersatzteile und Zubehör. Das alles hat er jetzt seiner Tochter und Nachfolgerin Constanze Adam übergeben. Auch seine Frau Gabriele hilft noch im Büro mit. Ihm selbst macht es nach wie vor Freude, »mit Kunden etwas gemeinsam zu entwickeln«. Damit der Ruhestand nicht zu kurz kommt, steht sein Wohnmobil immer startbereit vor der Tür.

 

Erschienen: Wirtschaft – Das IHK-Magazin für München und Oberbayern – 01-02/2024 (ab Seite 50)